Let’s talk about (Selbst-)Zweifel

Zweifel. Braucht niemand, haben die meisten aber trotzdem. Wir zweifeln an unserem Leben, an Entscheidungen, die wir getroffen haben (oder noch treffen müssen) und allem voran zweifeln wir an uns selbst. Und an dem, was wir können beziehungsweise denken, nicht zu können.

Wir alle zweifeln – aber die wenigstens reden darüber. Genau das sollten wir aber. Sei es über Selbstzweifel oder über Ängste oder über psychische Erkrankungen. Und wir sollten damit anfangen, dass wir auf die Frage: „Wie geht es dir?“ ehrlich antworten. Wir kritisieren oft die amerikanische Oberflächlichkeit, das typische „How are you? (was ja eigentlich nicht mehr ist, als eine verlängerte Begrüßung) aber mal ehrlich: Wer von uns beantwortet die Frage, wie es ihm geht, wirklich mit der Wahrheit? Es wird uns permanent eingetrichert, dass Gefühle, Unsicherheiten und Ängste nicht reinpassen in unsere Leistungsgesellschaft und am Arbeitsplatz, da haben sie erst recht nichts verloren. Aber wieso eigentlich nicht?

Wenn ich eins gelernt habe, dann das: Reden hilft. Immer. Denn es zeigt, dass wir alle gar nicht so verschieden sind. Und uns eigentlich alle mit denselben Problemem und Ängsten rumschlagen, nur dass wir das ironischerweise nicht wissen, weil wir es verheimlichen, anstatt offen darüber zu sprechen. So let’s talk about Selbstzweifel.

Das Hochstapler-Syndrom

Der Duden definiert Selbstzweifel als „auf sich selbst, sein eigenes Denken und Tun gerichteter Zweifel“. Gerade letzteres kenne ich nur zu gut, vor allem, wenn es um das (literarische) Schreiben geht. Für die Zweifel am eigenen Können gibt es sogar einen psychologischen Begriff: das Impostor oder auch Hochstapler-Syndrom. Menschen, die unter dem Imposter-Syndrom leiden, haben starke Selbstzweifel an ihren eigenen Fähigkeiten und sind oft nicht in der Lage, ihre persönlichen Erfolge zu verinnerlichen. Trotz offensichtlicher Beweise für ihre Fähigkeiten sind sie davon überzeugt, ihren Erfolg nicht verdient oder erschlichen zu haben (daher auch der Name Hochstapler-Syndrom). Auch berühmte Persönlichkeiten wie Jodie Foster, Kate Winslet oder Emma Watson sind von dem Imposter-Syndrom betroffen.

„It’s almost like the better I do, the more my feeling of inadequacy actually increases, because I’m just going, ‘Any moment, someone’s going to find out I’m a total fraud, and that I don’t deserve any of what I’ve achieved .“

Emma Watson

Bei mir kamen die Selbstzweifel letztes Jahr, als ich mich ganz in meine Buchprojekte gestürzt habe. Da war plötzlich diese Stimme, die mir gesagt hat, dass das ich das mit dem Schreiben lieber sein lassen sollte, dass es doch schon so viele Bücher gibt und überhaupt, dass ich es eh nie schaffen werde, dieses Buch zu beenden. Und da hat es auch nicht geholfen, dass mir andere Menschen gesagt haben, dass sie meine Geschichten und Texte toll finden.

Was geholfen hat: Mich mit anderen Autoren und Schreibenden auszutauschen. Die Erkenntnis, dass es fast jedem kreativ arbeitenden Menschen so geht. Und die Einsicht, dass Zweifel quasi im Paket inklusive sind und sie zum Schaffensprozess dazugehören.

Vom Druck, sich richtig zu entscheiden

Ich glaube, dass Zweifel eng verknüpft sind mit Perfektionismus und dem Druck, die richtige Entscheidung treffen zu wollen (oder denken, sie treffen zu müssen). Dabei gibt es eigentlich weder richtige, noch falsche Entscheidungen. Sondern einfach nur Entscheidungen. Denn erst nachdem wir eine Entscheidung getroffen haben, können wir dessen Ergebnis beurteilen. Es gibt hierzu ein paar ganz wunderbare Zeilen vom Autor Milan Kundera:

„Es ist unmöglich zu überprüfen, welche Entscheidung die richtige ist, weil es keine Vergleiche gibt. Man erlebt alles unmittelbar, zum ersten Mal und ohne Vorbereitung. Wie ein Schauspieler, der auf die Bühne kommt, ohne vorher je geprobt zu haben. Aus diesem Grund gleicht das Leben immer einer Skizze. Auch „Skizze“ ist nicht das richtige Wort, weil Skizze immer ein Entwurf zu etwas ist, die Vorbereitung eines Bildes, während die Skizze unseres Lebens eine Skizze von nichts ist, ein Entwurf ohne Bild. “

Milan Kundera „Die unerträgliche Leichtigkeit des Sein“

Und genau so ist es. Davon abgesehen: Die meisten Entscheidungen lassen sich auch wieder revidieren und verändern. Aber auch hierfür müssen wir erst einmal eine Entscheidung für oder gegen etwas treffen.

Was hilft? 5 Tipps gegen Selbstzweifel

Gegen die Tatsache, dass (Selbst-)Zweifel aufkommen, können wir erst einmal nichts machen. Und manchmal ist eine gewisse Skepsis ja durchaus auch angebracht. In den meisten Fällen machen uns Zweifel aber einfach nur handlungsunfähig und sorgen dafür, dass wir uns im Kreis drehen, statt einfach mal einen Schritt nach vorne zu gehen. Diese Tipps können Abhilfe schaffen, wenn der innere Kritiker mal wieder zu laut wird:

1. Auch wenn ich mich wiederhole: Drüber reden. Sich austauschen. Über die Selbstzweifel, Ängste, Blockaden oder was es auch immer es ist. Denn man wird ziemlich schnell merken, dass man damit nicht alleine ist – und alleine das lässt die Selbstzweifel ein bisschen kleiner werden und nimmt ihnen etwas von ihrer Macht.

2. Sich positives Feedback bewusst machen und an Situationen denken, in denen man Lob zu seiner Arbeit bekommen hat. An Momente denken, in denen man stolz auf sich war oder in denen man etwas geschafft hat. Das Feedback kann man dann zum Beispiel digital oder auf einem Vision Board als Motivationbooster sammeln, wenn die Selbstzweifel mal wieder anklopfen.

3. Sich vom Perfektionismus und der Angst, etwas falsch zu machen, verabschieden. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber wir können es Stück für Stück lernen. Was damit einhergeht und was man dagegen tunlichst vermeiden sollte (und was ich auch immer noch lernen muss): Sich nicht mit anderen zu vergleichen. Sein Tempo nicht mit anderen zu vergleichen. Und: Weniger Social Media! (Reminder an mich selbst). Denn für Selbstzweifel sind Instagram und Co. die ideale Spielwiese.

4. Einen weiteren Tipp, den ich in einem Blogartikel auf Fuck Lucky Go Happy gefunden habe und den ich nur voll und ganz unterschreiben kann: Höre auf dein Bauchgefühl und deine Intuition! Wenn wir zweifeln, neigen wir dazu, alles zu zerdenken und permanent gedanklich Pro-und Contra-Listen zu erstellen. Dabei wäre es viel sinnvoller, den Kopf mal kurz auszuschalten und seinem Bauch zu vertrauen. Denn der weiß meist ganz genau, was gut für uns ist …

5. Und der wahrscheinlich wichtigste Tipp von allen: Anfangen – und machen! Trotz und mit allen Zweifeln und Ängsten.

Der Zweifel ist ein Schmerz, der zu einsam ist, um zu wissen, dass Vertrauen sein Zwillingsbruder ist.

Khalil Gibran

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