Ich glaube manchmal landet man genau an den Orten, an denen man landen soll. „It was meant to be” würde man im Englischen dazu sagen. Und genauso ist es mir mit Hoi An ergangen. Ich bin für vier Tage gekommen – und am Ende sind fast drei Monate daraus geworden.
Früher habe ich nicht an so etwas wie Schicksal geglaubt, aber heute denke ich, dass alles aus einem bestimmten Grund passiert, auch wenn wir das manchmal erst später erkennen können. Und wenn man Vertrauen in die Zukunft hat, dann fügt sich manchmal alles auf ganz großartige Art und Weise.
Dorfleben: An My Village
Im Stadtteil Cam Chau und dem An My Village habe ich das gefunden, wonach ich mich in den letzten Wochen während des Reisens und eigentlich auch in Berlin schon seit einer Weile gesehnt habe: Natur, Ruhe – und ein eher dörfliches Leben. Statt lautem Verkehrslärm und Stadttroubel ist die Szenerie hier von Hühnern, Wasserbüffeln und grünen Reisfeldern geprägt. Es gibt Schotterwege, kleine Gemüsegärten und man kann sehen, wie die Einheimischen leben und arbeiten. Und hier habe ich nicht nur eine wunderbare Unterkunft, sondern auch einen Job gefunden – und beides habe ich mehr oder weniger durch Zufall entdeckt.
Das Rice Field Homestay
Der Weg, der mich in diese ruhige Ecke von Hoi An geführt hat, ist ein schönes Beispiel dafür, wie aus einer eher negativen Erfahrung eine positive Erfahrung werden kann. Nachdem meine erste Unterkunft an einer lauten Hauptverkehrsstraße lag, wollte ich in eine ruhigere Unterkunft umziehen – und bin in einem Homestay gelandet, der noch lauter war und in dem ich mich gar nicht wohl gefühlt habe … Und nachdem ich hin- und herüberlegt habe, ob ich dort bleiben soll oder nicht, habe ich auf mein Bauchgefühl gehört und bin in der nächsten Stunde wieder ausgezogen – ins Rice Field Homestay. Dieses lag zwar etwas über meinem Reisebudget, war dafür aber in einer ruhigen Gegend und das Haus und die Zimmer sahen toll aus. Und es war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können.
Denn hier hatte ich zum ersten Mal auf meiner Reise das Gefühl, anzukommen und mich richtig wohl in einer Unterkunft zu fühlen. Und die Zimmer hatten nicht nur einen Balkon, sondern auch einen Schreibtisch, sodass ich auch endlich einen Ort zum Schreiben hatte. Das Haus teilt man sich außerdem mit den drei süßen Hunden Teddy, Noodles und Coca, die sich immer über Streicheleinheiten freuen. Teddy (vorne im Bild) ist übrigens der entspannteste Hund, den ich je kennengelernt habe – und sieht immer so aus, als lächelt er.
Homestays sind in Vietnam übrigens das Gleiche wie ein Airbnb. Sie bestehen meist aus einem Haus oder einer Wohnung, in denen man mit dem Gastgeber zusammen wohnt. Man hat ein eigenes Zimmer und Badezimmer, aber die Küche oder den Wohnbereich teilt man sich mit den Gastgebern. Die meisten Homestays haben außerdem nur wenige Gästezimmer, sodass man auch schnell mit anderen Reisenden ins Gespräch kommt.
Im Rice Field Homestay habe ich während meiner Zeit unglaublich viele tolle Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt. Und von Hanh, die in Hoi An geboren ist, konnte ich viel über das Leben in Vietnam und die vietnamesische Kultur lernen. Denn die meisten Vietnamesen sprechen kein oder kaum Englisch, sodass es schwierig ist, sich mit den Einheimischen auszutauschen beziehungsweise intensivere Gespräche zu führen. Außerdem konnte ich durch Hanh und Mike auch einige Local-Restaurants kennenlernen, die ich sonst nicht gefunden hätte.
Vietnamesische Kultur & TET-Fest
Zudem hatte ich das Glück, dass ich während des TET-Festes in Vietnam war und dieses mit meinen Gastgebern verbringen konnte. Das TET-Fest ist das vietnamesische Neujahrsfest – und die wichtigeste Feier im ganzen Jahr! Dies liegt auch daran, dass es die einzigen Feiertage im ganzen Jahr sind. Das TET-Fest ist also wie Weihnachten, Silvester und Ostern zusammen und zieht sich über den ganzen Monat Februar, auch wenn es offiziell nur ein paar Tage dauert. In dieser Zeit wird viel gegessen, getrunken und gefeiert – und natürlich Karaoke gesungen! Zudem werden viele traditionelle Speisen zubereitet, zum Beispiel Chung Cake, eine Art Kuchen aus Reis, Bohnen und Fleisch, der mit Bananenblättern zu einem Paket gerollt wird.
Während der TET-Zeit finden außerdem viele buddhistische Rituale statt. So sieht man an TET in jedem Haus einen Baum mit orangefarbenen Kumquatfrüchten stehen, denn dieser soll Wohlstand in einen Haushalt bringen. An den drei offiziellen TET-Tagen ist es außerdem Tradition, die Gräber von verstorbenen Familienangehörigen zu besuchen. Die offiziellen Feiertage verbringt man dann, ähnlich wie bei uns an Weihnachten, mit seiner Familie.
Was man allerdings wissen sollte, wenn man zu dieser Zeit als Tourist ins Land kommt: Hotels und Restaurants sind in dieser Zeit schnell ausgebucht, teurer also sonst – oder geschlossen. Das gleiche gilt für öffentliche Verkehrsmittel, sodass man dies in seiner Reiseplanung auf jeden Fall berücksichtigen sollte.
Das “Gemüse-Dorf”
Das “Tra Que Herb Village” ist ein weiterer idyllischer Ort in Hoi An, den man nicht missen sollte. Das Dorf zwischen An My und dem Strand besteht aus unzähligen grünen Feldern, auf denen Kräuter und Gemüse angebaut wird – und das sogar nachhaltig und ökologisch. Wer es ruhig mag, der findet hier einige Homestays und Hotels und mit etwas Glück kann man von seinem Balkon über die Gemüsefelder schauen. Mitten zwischen den Feldern liegt außerdem ein Restaurant, in dem das frisch geernteten Gemüse gleich im Kochtopf landet. Und wer Interesse an Landwirtschaft beziehungsweise Kochen hat, kann hier für ein paar Stunden bei der Ernte helfen oder einen Kochkurs machen.
Tempel & Meditation
Was ich nach wie vor immer noch mache, wenn ich etwas Ruhe brauche und mir der Trouble auf den Straßen zu viel wird: Mich in einem Tempel setzen und meditieren. Oft habe ich tatsächlich den ganzen Tempel für mich alleine, vor allem, wenn man die Tempel direkt im Stadtzentrum meidet.
Generell habe ich das Gefühl, dass es in Vietnam im Vergleich zu Thailand etwas weniger Tempel gibt. Was man in Vietnam aber in beziehunsgweise vor jedem Haus findet sind kleine Schreine mit einer Buddha-Figur, vor denen etwas Obst oder Blumen als Opfergabe liegen. Was für uns etwas ungewohnt ist: Die oft farbenfrohe Beleuchtung, die ein bisschen an blinkende Weihnachtsbeleuchtung erinnernt …
Was man in Hoi An allerdings auch erkennen kann: Der Tourismus ist stark am wachsen. Überall wird gebaut, sei es an der Beachfront oder auch in der Nachbarschaft An My. Und alles geht rasant schnell: Während in Deutschland ein Hausbau Jahre dauert, wird hier mal eben ein dreistöckiges Haus in drei Monaten fertiggestellt. Auch der Schotterweg vor dem Rice Field Homestay soll bald einer aspaltierten Straße weichen … Ich hoffe, dass Hoi An seinen Charme durch den wachsenden Tourismus nicht verlieren wird und vor allem auch die Nachbarschaft An My ihren dörflichen Charme noch lange behält.